Kinghorn, Judith by Sommertänzerin Die

Kinghorn, Judith by Sommertänzerin Die

Autor:Sommertänzerin Die
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-04-28T19:59:35+00:00


22

Ich wollte nicht nach London zurückkehren, doch ich wusste, dass Mama abreisen wollte. Sie ertrug es nicht, in Deyning zu bleiben und mitzuverfolgen, wie alles, was von ihrem einstigen Zuhause übrig geblieben war, demontiert und in hässliche Kisten verpackt wurde. Erst gestern hatte sie zu mir gesagt: »Ich sollte das nicht tun müssen … ich sollte das nicht mit ansehen müssen.« Und ich fand, sie hatte recht.

»Ich habe mir überlegt, mit Henry hierzubleiben«, erzählte ich ihr beim Frühstück. »Es kommt mir falsch vor, dass er hier alles allein regeln muss.«

»Und was ist mit Charlie?«, fragte meine Mutter.

»Er wird schon zurechtkommen«, sagte ich. »Außerdem haben wir doch jetzt Sonia, unser neues Hausmädchen. Sie wird sich um ihn kümmern. Ich könnte bis zum Wochenende bleiben und Charlie bitten, mich dann abzuholen.«

Einen Augenblick lang sah sie mich prüfend an, und ich konnte förmlich sehen, wie ihr ein Gedanke durch den Kopf schoss: Tom Cuthbert. Dann sagte sie:

»Du hast natürlich recht. Ich würde mich besser fühlen, wenn einer von uns hier bei ihm bleiben würde. Bist du sicher, dass es Charlie nichts ausmacht?«

»Ich glaube schon, aber ich werde ihn gleich anrufen.«

»Hallo, Charlie, Mama fände es schön, wenn ich noch etwas hier bei Henry bliebe. Würde dir das etwas ausmachen?«

»Ja, das würde es, Clarissa. Muss das wirklich sein? Ihr habt doch bestimmt einen ganze Armee von Helfern dort unten – und dann noch die beiden Freunde von Henry.«

»Nein, Charlie, hier unten ist keine Armee von Helfern, und Julian kann kaum etwas tun. Ich denke, Henry hat ihn nur mitgebracht, damit er mal etwas Abwechslung hat. Und um ehrlich zu sein«, fügte ich hinzu, »ist auch Henry keine große Hilfe. Er ist schlicht und einfach überfordert, das alles hier allein zu bewältigen.«

»Aber, Liebling, ich brauche dich hier … ich brauche dich hier bei mir.«

»Aber es ist doch nur für diese eine Woche …«

»Eine ganze Woche! Du meinst, ich werde dich die ganze Woche nicht sehen?«

»Ich werde dich anrufen. Jeden Tag. Ich verspreche es. Und am Freitag kommst du her und holst mich ab.«

Er murmelte etwas, dann sagte er: »Nun, es sieht so aus, als bleibe mir keine andere Wahl. Auch wenn es sich eigentlich nicht schickt. Du bist meine Frau, du hast für mich da zu sein.«

»Du wirst schon zurechtkommen, Liebling. Wie heißt es so schön: Die Liebe wächst mit der Entfernung.«

Es war nicht so, dass ich etwas Schlimmes plante. Ich wollte einfach noch eine Weile in Deyning bleiben. Und selbst wenn Tom Cuthbert nicht da gewesen wäre, hätte ich mich dafür entschieden, Henry zu helfen. Doch ja, ich wollte auch Tom wiedersehen. Ich konnte ihn nicht verlassen. Noch nicht.

Nachdem ich Mama zum Abschied gewinkt hatte, verbrachte ich den Vormittag damit, im Speisezimmer zusammen mit Mabel Porzellan und Geschirr zu sortieren. Wir listeten jedes Speise- und Teeservice auf, überprüften es auf Sprünge und Risse, dann schlug sie die einzelnen Teile in Zeitungspapier ein und verstaute sie in einer Kiste. Henry hatte zum Bauernhof gehen müssen, wo in der kommenden Woche das Vieh versteigert werden würde, und ich war mir nicht sicher, wo Michael und Julian steckten.



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